Sabine Hänsgen, Andrei Monastyrski

Dialog über die Losungen der „Kollektiven Aktionen“

S.H.: Die Bezeichnung der letzten Aktion „Losung 2005“ verweist auf eine bestimmte Form des politischen Designs in der sowjetischen Kultur, aber auch auf eine Tradition von Performances innerhalb der Gruppe „Kollektive Aktionen“, bei denen Losungen verwendet wurden. Mir scheint es interessant, am Beispiel dieser Losungsaktionen noch einmal die Bedeutung der spezifischen Beziehungen zwischen äußeren und inneren Motivationskontexten für die Tätigkeit der Gruppe zu diskutieren.
Ein wichtiges Sujetelement der „Reisen aus der Stadt“, die von den „Kollektiven Aktionen“ organisiert werden, besteht in der Überschreitung einer Grenze. Der Übergang aus dem städtischen Raum in den ländlichen Raum ist dabei mit einer semiotischen Reduktion verbunden. Der ländliche Raum – das in einem metaphysischen Sinn leere Feld – wird zur Bühne für minimalistische Handlungen, die elementare raum-zeitliche Strukturen der Wahrnehmung thematisieren: Erscheinen – Verschwinden, Annäherung – Entfernung, Gehen, Stehen, Liegen, Klang – Stille, Pause, Rhythmisierung der zeitlichen Folge. Aber bereits seit den Anfängen der Gruppentätigkeit, die im ersten Band der KA (1976-1980) dokumentiert sind, werden von den „Kollektiven Aktionen“ auch Zeichenmaterialien, die aus dem Raum der Metropole Moskau stammen, dem Prozess einer ideologischen Entleerung unterzogen. In diesem Zusammenhang verdienen die Losungsaktionen, aus denen sich im Laufe der Jahre eine ganze Serie herausgebildet hat, besondere Beachtung. Wie stellen sich Dir die Beziehungen zwischen äußeren und inneren Kontexten am Beispiel dieser Losungsaktionen dar?

A.M.: Die Entfernung von äußeren sowjetischen Kontexten begann praktisch gleich nach der ersten Aktion „Losung 1977“, bei der noch die Form einer sowjetischen Losung verwendet wurde. Die zweite Aktion „Losung 1978“ war bereits eine Reflexion über den inneren Inhalt der ersten Losung, während es bei der dritten Losung nicht nur um die Entfernung des Texts aus dem Bereich der visuellen Anschauung, sondern auch aus der Diskursivität in die Deskription ging, d. h. um die vollkommene Formalisierung und „Nullifikation“ jedes erdenklichen ideologischen Diskurses. Die nächste Aktion „Losung 1986“ bringt gewissermaßen aus der vollkommenen Leere, aus der Landschaft (ohne anschaulichen „Losungscharakter“) einen ganz anderen Diskurs in diese Serie zurück, der lediglich mit apriorischen Kontemplationen, mit Raum und Zeit verbunden ist (ihr Text ist das Vorwort zum vierten Band der „Reisen aus der Stadt“). In der plastischen Dimension wird der Formalismus der sowjetischen Ideologie in einer „kindlichen Ideologie“ in Form eines „Kindergeheimnisses“ zum Verschwinden gebracht, bei dem eine Eule und ein Hund vergraben wurden, die aus einer geschwärzten Karte der UdSSR hergestellt waren. Die nächste „Losung 1989“ ist ein Ready-Made (oder Pop-Art) der neu entstehenden Ideologie des Monetarismus, die sich in Russland in den 1990er Jahren in voller Pracht entfaltete. Auch hier sehen wir wieder eine starke Berührung der inneren und äußeren Kontexte (die „Unmerklichkeit“ als ästhetische Kategorie der KA und der anwachsende Monetarismus, der auf der Finanztafel der Losung seinen Ausdruck findet).
Die „Losung 1990“ ist schwierig für den Diskurs. Sie hat irgendwie mit äußeren chthonischen Welten (Moskauer Metro) und meinen persönlichen psychodelischen Abenteuern Anfang der 1980er Jahre zu tun. Die nächste „Losung 1996“ wird geradezu aus dieser chthonischen Welt „emporgezogen“. Dabei erscheint die Figur des professionellen sowjetischen Philosophen Michail Ryklin mit dem Schicksal des neurussischen Diskurses verknüpft. Bei der „Losung 2003“ (mit Heidegger) handelt es sich um eine Einzelaktion, die jedoch tief in der allgemeinen Struktur zweier Aktionen verankert ist, und zwar der „Aktion mit der Uhr“ und der eigentlichen Losung. Sie gründet sich auf solche Begriffskategorien wie „Verborgenheit“ und „Ort“ (aber nicht „Raum“).
Die letzte „Losung 2005“ wurde an demselben Ort wie die vorhergehende realisiert. Es ist eine Aktion innerhalb der Serie, die gleichzeitig verschiedene Linien der KA fortsetzt, nicht nur die Linie der eigentlichen Losungen (sie führt beispielsweise auch die Linie der Aktionen „Mittel zur Reihe“ und „Gegen das Licht“ weiter).

S.H.: Einerseits passen sich die Losungen der KA also an die Ausdrucksformen des umgebenden Zeichenmilieus an, durch das Verfahren der seriellen Wiederholung wird jedoch für die Zuschauer zugleich ein anderer Wahrnehmungshorizont eröffnet. Dieser Akt der Distanzierung ist mit kritischen Intentionen verbunden. In der „Losung 1977“ ist das „Wir“ durch ein „Ich“ ersetzt, und in einem persönlichen Text heißt es: „Ich beklage mich über nichts, und mir gefällt alles, ungeachtet dessen, dass ich noch nie hier war und nichts über diese Gegend weiß.“ In der Fortsetzung der Serie wird die erste Losung durch die zweite „Losung 1978“ in ihrer Bedeutung relativiert: „Seltsam, warum habe ich mich selbst belogen, dass ich niemals hier war und nichts über diese Gegend weiß – denn eigentlich ist es hier so wie überall, nur dass man das hier noch deutlicher spürt und noch tiefer nicht versteht.“ Die Variationen innerhalb der Serie lenken die Aufmerksamkeit immer mehr auf die formbildenden Faktoren, während gleichzeitig eine inhaltliche Entleerung stattfindet. Bereits in den poetischen Texten der beiden ersten Losungen der KA wird durch paradoxale sprachliche Konstruktionen in der Tradition zen-buddhistischer Koans eine Aufhebung des Sinns angestrebt. In der dritten Losung „Für G. Kizeval’ter“, die so aufgehängt wurde, dass der Text nicht mehr zu entziffern war, bleibt lediglich die äußere materielle Form, das Design ohne Inhalt übrig.
Am Beispiel der Losungen wird deutlich, welche große Rolle das Prinzip der Serialität in der Ästhetik der KA spielt. Die Serialität stellt das konventionelle Verständnis eines Kunstwerks als Einzelwerk mit fest umrissenen Grenzen in Frage. Die repetitiven Strukturen verweisen einerseits auf alte Ritualkulturen, in denen durch das Verfahren der Wiederholung die Selbstbestätigung einer Gemeinschaft vollzogen wird, wobei dies mit dem Gefühl einer Befriedigung durch das Wiedererkennen von etwas Erwartetem verbunden ist. Wenn wir aber andererseits die Traditionen von Poesie und Musik betrachten, so bestätigen Wiederholungen und Variationen keinesfalls nur das Erwartete, sie schaffen vielmehr eine neue ästhetische Sensibilität für minimale Veränderungen, für kaum merkliche Nuancen im Prozess der Formbildung. Wie etwas wiederholt wird, ist wichtiger als das, was wiederholt wird. Durch das serielle System der KA, durch seine prinzipiell unendliche Textualität werden aber auch immer wieder neue Handlungen und eine neue Ereignishaftigkeit generiert. Wie würdest Du das Verhältnis zwischen der Textmaschine der KA und der unmittelbaren Wahrnehmung von Ereignishaftigkeit während der Performances beschreiben?

A.M.: Das ist eine wichtige Frage. Der Text generiert die Ereignishaftigkeit. Zu Beginn der Serie wird die Ereignishaftigkeit durch einen „versteckten“, „fremden“ Text generiert (diese expliziten oder impliziten Nachahmungen stützen sich darauf, dass jegliche ästhetische Ereignishaftigkeit aus einem Text hervorgeht). Während der weiteren Entwicklung der Serie – und im Fall der langjährigen Tätigkeit der KA haben wir es mit einer recht tiefgreifenden Entwicklung zu tun – bildet sich dann ein „schmaler“ Weg, ein Pfad heraus (im Unterschied zu den anfänglichen, kaum erkennbaren, nicht deutlich begrenzten Feldwegen). Die ästhetischen Platzierungen neuer Artikulationen schließen an diejenigen an, die ihnen vorausgehen. Gewissermaßen vom Feld zum Pfad. Die ersten Losungen haben wir an Orten auf offenen Feldern realisiert, die beiden letzten auf einem Fußweg in einer ziemlich schmalen Waldschneise. Im ersten Fall haben wir es mit dem Raum und mit Horizonten zu tun, im zweiten Fall mit dem Ort und mit Vertikalen (Wald). Die „Feld“losungen mit ästhetisch unbestimmten „Rändern“ treten in ein intensives Wechselverhältnis mit den äußeren Kontexten und lösen sich sogar darin auf („Streifen der Ununterscheidbarkeit“), die „Pfad“losungen dagegen haben ihr eigenes festes ästhetisches Gestell, sie sind von den äußeren Kontexten u.a. durch ihre Historizität abgetrennt: das Porträt Heideggers, das Diamant-Sutra (anstelle der „Aktualität“ der Finanztafel oder der existentiellen Situation des „Hier und Jetzt“). Vom Expositionsstandpunkt aus sind die frühen Losungen sekundär (Postmodernismus), die späteren Losungen jedoch primär (Modernismus). Die frühen Losungen sind in einer „Hintergrunds“ästhetik realisiert. Sie sind instrumentell und dienen in einem gewissen Sinn lediglich als Vorwand zur Wahrnehmung und Kontemplation der umgebenden äußeren Welt (Kontexte). Andererseits sind sie mit einer stark kritischen Einstellung gegenüber den ideologischen Schichten der Kontexte aufgeladen. Die letzten Losungen sind selbstgenügsam, sie bieten sich selbst zur Wahrnehmung und Kontemplation an und sind in diesem Sinne künstlerisch „auffälliger“. Die Textmaschine führt meiner Meinung nach von der Unmittelbarkeit fort und schafft letztlich ihre eigenen Welten.

S.H.: Bei der vorletzten Losungsaktion „Losung 2003“ wurde zwischen den Bäumen anstelle des Texts ein Porträt des deutschen Philosophen Martin Heidegger aufgehängt. Wie lässt sich diese Geste verstehen? Handelt es sich hier um eine direkte programmatische Aussage, d. h. um einen Hinweis auf eine bestimmte philosophische Tradition, innerhalb derer sich die „Kollektiven Aktionen“ verorten? Oder wird durch das merkwürdige Verfahren der Verkleinerung des Porträts eine eher ambivalente Haltung gegenüber dieser Tradition zum Ausdruck gebracht? Es geht hier um das Selbstverständnis der KA, die in ihren Performances nicht nur die Aufmerksamkeit der Zuschauer vom Text auf die Situation umlenken, sondern diese Situation wiederum zum Anlass für weitere Reflexionen nehmen. Das direkte Erleben des „Hier und Jetzt“ wird so auf ein allgemeines System philosophischer Begriffe bezogen. Eine entscheidende Bedeutung für die Tätigkeit der KA kommt der künstlerischen Erforschung von Wahrnehmungs- und Erkenntnisprozessen zu. In dieser Hinsicht ließe sich fragen, warum nicht ein Porträt Immanuel Kants aufgehängt wurde? Vielleicht hat dies damit zu tun, dass im Falle Heideggers die Bezugnahme auf die philosophische Tradition ein provokatives Potential in sich birgt? Während im rationalen System Kants das subjektive Vermögen von Wahrnehmung und Erkenntnis im Zentrum steht, treffen wir bei Heidegger auf ein komplexeres Verhältnis von Subjekt und Objekt, die in ihrem Wechselverhältnis die Struktur der ästhetischen Erfahrung herausbilden. Subjekt und Objekt können dabei prinzipiell die Plätze tauschen. Die eigentliche Provokation besteht aber wohl darin, dass das verwendete Porträt Heideggers mit dem Eichenlaub als Verzierung auf seiner Trachtenjacke die Realisierung der philosophischen Praxis im politischen Kontext der faschistischen Ideologie thematisiert. Bevor wir ausführlicher über die Verbindungen zwischen philosophisch-ästhetischen und politischen Kontexten sprechen, möchte ich zunächst auf den Gebrauch der Begriffe Raum und Ort bei Heidegger eingehen.
Für die Aktionskunst ist wohl wesentlich, dass bei Heidegger – als Gegengewicht zum abstrakten mathematischen Raum – ein phänomenologisches Verständnis des Raums entwickelt wird. Die Installation der Dinge schafft im situativen Zusammenhang eine ästhetische Erfahrung des Orts, die allerdings durch einen nicht aufzulösenden Widerspruch gekennzeichnet ist. Einerseits bezeichnen bei Heidegger „Erde“ und „Heimat“ einen Ort, der als Grundlage für die Existenz eines Volkes dient – eine Vorstellung, die auch für die faschistische Ideologie von Relevanz war. Andererseits werden die Dinge – wenn wir den Überlegungen Heideggers folgen – in der Installation nicht als solche wahrgenommen (wie bei Kant), sondern in der ästhetischen Erfahrung des Orts eröffnet sich durch sie hindurch eine dynamische Perspektive, ein anderer, neuer Blick auf die umgebende Welt.

A.M.: Kant haben wir tatsächlich in Form eines ungewöhnlich großen (dicken) Buchs in der Aktion „625-520“ verwendet, d. h. in der ersten Aktion des Waldzyklus, dessen letzte Aktion die „Losung 2003“ mit dem ungewöhnlich kleinen Porträt Heideggers war. In beiden Fällen ist die Verzerrung und Hypertrophierung der Ausmaße interessant, nicht nur als stilistisches Merkmal des Romantizismus, sondern auch als Pathologie des Diskurses, worauf die plastische Anormalität verweist. Wir haben es hier mit einer Diagnose der KA zu tun: textuelle Aufgeblähtheit bei gleichzeitiger visueller Unzulänglichkeit und Armseligkeit des Designs. Diese Diagnose lässt sich jedoch gleichermaßen auf die russische logozentrische Mentalität beziehen. Eine maniakalische Unterordnung unter den Logozentrismus (und dies möchte ich betonen, indem ich den Diskurs der KA fortführe und ihn dem westlichen Anthropozentrismus gegenüberstelle) bildet in Russland die „philosophische“ Begründung für eine vollkommene Missachtung der menschlichen Persönlichkeit während aller Etappen seiner Geschichte, einschließlich der Gegenwart. Der Mensch ist in Russland (und in der Ästhetik der KA – was ich zu meinem aufrichtigen Bedauern und zu meiner Schande eingestehen muss) lediglich ein abstraktes Strukturelement, das irgendwo an den „Rändern“ herumhängt, ein Instrument zu einer vorgeblich „wissenschaftlichen“ Erforschung von etwas „Allgemeinen“, des „Ganzen“ usw. Deshalb ist das menschliche Leben hier auch im Wesentlichen nichts wert.
Ich möchte nun noch einmal auf das Porträt Heideggers in der Aktion „Losung 2003“ zurückkommen und die strukturelle Gemeinsamkeit zwischen der „Aktion mit der Uhr“ und dieser Losung betrachten. Durch den Wald wurde vom Kassettenrecorder der „Aktion mit der Uhr“ ein Faden zu Heideggers Porträt gespannt. Vom Kassettenrecorder waren Berichte sowjetischer Polarforscher der 1930er Jahre zu hören, die in Heideggers Text zur Ausdehnung übergingen. Hier haben wir es mit verschiedenen Seiten einer zeitlichen und totalitären Gemeinsamkeit im Vergleich der sowjetischen Polarforscher mit Heidegger zu tun. Heidegger geht gewissermaßen aus diesen Polarforschern hervor, wie die russische Literatur aus Gogol’s Mantel, auch wenn die Struktur dieser Wechselbeziehungen insgesamt komplizierter ist. Aber dieser Aspekt ist auch da. Eine überspitzte Haltung gegenüber dem Existentialismus führt zum Totalitarismus. Polarforscher und Einsiedler sind einander sehr ähnlich. Die sowjetischen Polarforscher sind staatliche Einsiedler und stellen eine interessante staatliche Form des Existentialismus dar. Die Polarforscher sind irgendwie sehr religiös und asketisch. Und Heidegger ist dies ebenfalls. Aufgrund seines religiösen Wesens steht ihm auch das „Porträt“ („Ikone“) (Losung 2003) und die „Rede“ („Predigt“) (Aktion mit der Uhr) zu. Kant ist in diesem Sinne eine Heidegger geradezu entgegengesetzte, kritische Figur, deshalb wurde ihm auch ein „Buch“ (625-520) zugeordnet, das allerdings zu anormaler Größe aufgebläht war, wahrscheinlich weil darin seine frühen vorkritischen Schriften veröffentlicht waren. Was die KA betrifft, so scheint mir, dass wir in eine postkritische Periode eingetreten sind, insbesondere in der letzten Aktion „Losung 2005“. Und hier ist es wichtig, die Ironie nicht zu verlieren, damit es nicht zu einer neuen maniakalischen Haltung kommt.

S.H.: Zum Abschluss sollten wir uns noch einmal der letzten Aktion „Losung 2005“ zuwenden. Im Unterschied zu den anderen Losungen der KA wurde der „Losungscharakter“ hier zum ersten Mal – wenn ich mich nicht irre – in die auditive Sphäre überführt. Die Anfangsetappe der Aktion bestand in dem Anhören einer Lesung des Diamant-Sutra von einem Kassettenrecorder, der an einem Baum aufgehängt war. Das Verfahren des Hörens einer unsichtbaren Stimme erinnert an die Form alter religiöser Kulte, bei denen die Sphäre der Unsichtbarkeit mit einem transzendenten Mysterium assoziiert wird. Diese Tradition bildet den Hintergrund für die Losung. Andererseits entstand aber während der Aktion einfach ein Zustand des Hörens als solcher, der einen Prozess der Befreiung von jeglichen konkreten Inhalten in Gang setzte. Die Aufmerksamkeit wurde dabei auf die materiellen Details der Losungsinstallation in der Natur gelenkt. Ein Befestigungspunkt der Losung war durch ein gelbes Klebeband markiert, mit dem der Kassettenrecorder angebracht war, der andere Befestigungspunkt durch eine orangefarbene Stehaufpuppe. Dazwischen waren Blätter mit dem wissenschaftlichen Kommentar zu dem vorgelesenen Sutra aufgehängt. Der Akzent lag also auf dem Design, auf der Ausgestaltung der Losung. Und wieder hat die Textmaschine weitergearbeitet und eine Verzweigung des Texts in seine Kommentare hervorgebracht.
Ich denke, dass dies nicht nur eine einseitige Bewegung stimulieren kann, die zu immer entfernteren Kontexten führt und ihre Vollendung in ästhetischer Selbstgenügsamkeit findet. Ich denke eher an eine Spiralbewegung, die auf unerwartete Weise auch einen Kontakt mit dem umgebenden Kontext der neuen russischen Realität bewirken kann.

A.M.: Bei der „Losung 2005“ denke ich überhaupt nicht an irgendwelche aktuellen Kontexte, und sie interessieren mich auch nicht, selbst wenn es sie dort gibt. Für mich ist diese Losung vor allem eine abstrakte Komposition, eine chromatische Struktur. Sie ist wie ein Musikstück. Es geht um das Wechselverhältnis von taoistischer und buddhistischer Mentalität (was vielleicht durchaus aktuell ist – zumindest für die KA). Und es gab ein sehr seltsames Moment von Lebendigkeit: das Reisigbündel, durch das der Kassettenrecorder ersetzt wurde, und den Pharaonenhund, der während der Aktion anwesend war. Nach den vorausgehenden vier Aktionen zum Thema des russischen Kosmismus weckt diese letzte Aktion bei mir keinerlei diskursive Wünsche, sie zu verstehen. Und das ist gut.

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