Andrei Monastyrski

Das Feld der Komödie und die Linie der Bilder

Das Schema »Feld der Komödie und Linie der Bilder« ist die freie und ganz hypothetische Interpretation eines der Metasujets der Aktionen der Gruppe Kollektive Aktionen. Dabei werden diese Aktionen als ein zusammenhängendes Ganzes betrachtet, als ein großes »Hantelmodell«, das aus den Organisatoren und den Zuschauern der Aktionen der Jahre 1976 bis 2002 besteht.
Bei den Kollektiven Aktionen waren immer zwei Arten von Zuschauern zugegen, einerseits Bekannte, die eigens zu der Aktion eingeladen worden waren, andererseits anonyme Zuschauer, die sich zufällig beispielsweise gerade im Wald in der Nähe unseres Zeltes aufhielten. Bei den drei Aktionen, die wir in der letzten Zeit im Ausland durchführten, 625-520 in Berlin, Abenteuer eines Blinden in Frankfurt und 51 im Centre Pompidou in Paris, erschienen Zuschauer, die für die Aktion eine Eintrittskarte gekauft hatten oder zu ihr eingeladen worden waren (aber nicht von uns).
In dem Schema wird die Gruppe unserer Bekannten betrachtet, die wir als Zuschauer und Teilnehmer zu den Aktionen eingeladen hatten. Es geht um den Prozess ihres allmählichen, schrittweisen »Transzendierens« und »Reproduzierens« – ausgehend von ihrer Existenz als freie Beobachter in der Aktion Komödie zu ihrer Ersetzung durch die aufgemalten »Zuschauer« in der Aktion Auf der Lichtung.
Als Instrument dieses »Transzendierens und Reproduzierens« dienten die im Schema eingezeichneten Gruben und Bilder, die von uns in den Aktionen als technische Mittel eingesetzt wurden, um bestimmte Demonstrationsbeziehungen herzustellen.
Insgesamt geht es um den Jahre andauernden, allmählichen Prozess des »Verschwindens« der Zuschauer als eines Elementes des Demonstrationsmodells. Den Raum, in dem sich dieser Prozess vollzog, kann man als »Feld der Komödie« bezeichnen.
In der Aktion Komödie des Jahres 1977 »verschwand« ich, schnell und schlagartig »wie der Blitz«. Die Zuschauergruppe in der Aktion Auf der Lichtung dagegen hatte eine Vielzahl von Stufen des Transzendierens und Reproduzierens durchlaufen, bevor sie in der Reproduktion der Zuschauer im »Blitz« des brennenden Schirms (er brannte im Nu ab) verschwand.
Man kann tatsächlich annehmen, dass die ästhetisch-existentielle Spannung dieses »Felds der Komödie« viele Jahre erhalten blieb, was darauf zurückzuführen ist, dass ich in der Aktion Komödie in der Grube »verschwand« und sich das Metasujet auf dem Feld die ganzen folgenden Jahre um dieses »Verschwinden« als eine unvollendete »leere Handlung« drehte. Ich selbst (als einer der Organisatoren der Aktion, aber in der Rolle des »Abwesenden« im Metasujet) war immer positiv von allem entfernt, was später auf diesem Feld geschah. Aber diskursiv und tiefenpsychologisch war das Feld nicht von mir entfernt, wie es sich für eine Figur gehört hätte, die vor vielen Jahren in einem bestimmten Sujet mit unbekanntem Ausgang dort »verschwunden« war. Diese hermetische Linie (die »Linie der Komödie«) hat sich zehn Jahre gehalten, bis zur Aktion Ein Kunstwerk – Gemälde (im Weiteren: Erstes Bild), als ein über das Sujet der Aktion in Unkenntnis gelassener Zuschauer (Sorokin) neben mich in die Grube dieser Aktion platziert wurde und dadurch auf einem der Zuschauerniveaus die hermetische »leere Handlung«, die in der Aktion Komödie angefangen hatte, beendet wurde. Eine partielle Enthermetisierung der »Linie der Komödie« hatte stattgefunden.
Aber bis zu diesem Augenblick fungierte die »Linie der Komödie« als ein Mechanismus »hermetischer Sublimation« für die Zuschauer, und zwar sowohl im kontemplativen Sinne als Beobachtung des »Seltsamen« in verschiedenen Aktionen, wie zum Beispiel Dritte Variante, M, Russische Welt und so weiter, als auch im ereignishaft-aktiven Sinne diverser raum-zeitlicher Umplatzierungen (Entfernung, Auftauchen, Verschwinden) der Zuschauer auf dem Demonstrations-»Feld der Komödie«, wie zum Beispiel in den Aktionen Zehnmaliges Auftauchen und Ort der Handlung, wo jeder Zuschauer all diese Demonstrationsfiguren und -bezüge, inklusive dem »Liegen in der Grube«, auch auf dem Feld ausführte (Ort der Handlung).
Im Lauf der ganzen zehn und mehr Jahre sollten unsere Zuschauer auf ihrer kontemplativen Reise durch die Aktionen in den spekulativen Raum der Abwesenheit gelangen (diesen kann man durchaus auch »Reproduktions«-Raum nennen), dessen Kenntnis sich in jenem Teil meines Ich als eines der Organisatoren dieser Aktion ausdrückte, der auf der Ebene des Metasujets »abwesend war«, da er in der Komödie verschwand, sich von Zeit zu Zeit in seltsamen Gestalten zeigte, zum Beispiel in Form einer menschlichen Gestalt, die einen Luftballon statt eines Kopfes hatte (Dritte Variante), oder einer sich auf dem Schneefeld entfernenden oder darin verschwindenden Figur in der Aktion Bild, die zudem noch einige literarische Figuren darstellte (so eine Szene aus dem Roman Traum der roten Kammer: das Verschwinden Bao Yus, den buddhistische und daoistische Mönche begleiten, und so weiter).
Diese Figur dauernder Abwesenheit wirkte sich auf das Metasujet der Aktionen so aus, dass auch die Zuschauer allmählich »ins Abseits« gezogen wurden, in dieselbe »positive Abwesenheit«, wobei sie vom »Feld der Komödie« sowohl über das allmähliche ästhetische »Transzendieren« als auch einfach aufgrund der historischen Notwendigkeit (jede Sache und jede Geschichte hat früher oder später ein Ende) verschwanden. Es muss allerdings betont werden, dass dieses Metasujet von uns nicht absichtlich konstruiert worden war, sondern dass es sich von selbst einstellte, nach irgendwelchen Gesetzen, die sowohl wir als auch unsere Zuschauer im Lauf all dieser Jahre erforschen und in zahlreichen Interpretationen, Beschreibungen und Erzählungen verstehen wollten. Am Rande sei angemerkt (hier steht diese Linie nicht im Zentrum), dass auch auf der Ebene des Textes und, was noch wichtiger ist, auf der Ebene der Rede bei der Serie der Aktionen Perspektiven des Rederaumes sich dasselbe »Verschwinden« der Zuschauer in verschiedenen Figuren der Wiederholungen und des Verschweigens ereignete.
Aber was bedeuten dieses »Verschwinden« und diese »Abwesenheit« eigentlich, und auf was für eine Art Erlebnis verweisen sie? Von größter Wichtigkeit ist die Tonlage der »Abwesenheit«. Im Kontext unserer Aktion Komödie haben »Verschwinden« und »Abwesenheit« keinen symbolischen, sondern einen rein instrumentellen Charakter. Es handelt sich nicht um ein Verschwinden in einer großartigen metaphysischen Leere, nicht um eine modernistische »Auflösung im Weiß« und im »Kosmischen«. Im Gegenteil, diese Abwesenheit und dieses »Verschwinden« haben für uns eher die Tonlage eines Versteckspiels von Kindern. Nur fand dieses »Versteckspiel« in verschiedenen Formen von Texten statt, in den Beschreibungen, Erzählungen, Diskursen, in der Dokumentation, Faktografie und so weiter. Die Zuschauer sollten »führen«, das heißt von Aktion zu Aktion, von Text zu Text den versteckten Sinn (den es in Wirklichkeit natürlich nicht gab) suchen, und, was die Hauptsache war, sie sollten sich selbst suchen, die »versteckten« Schichten ihres Bewusstseins, denn letztlich war immer das Bewusstsein der Zuschauer der eigentliche Darstellungsgegenstand unserer Aktionen. Und wenn unsere Prämisse des »Verstecktseins«, des »Verschwindens« und der »Abwesenheit« ein kindliches Versteckspiel war, so konnten bei den Zuschauern während der Suche nach ihrem eigenen Bewusstsein beliebige Interpretationen dieser »Abwesenheit« bis hin zu Vorstellungen von »Auflösung im Weiß«, »Fortgang ins Kosmische«, »Übergang ins Jenseits« und Ähnlichem auftauchen und taten das auch.
Unsere Aufgabe, die Aufgabe der Veranstalter und Organisatoren, bestand nur darin, in einer weiteren Aktion, einer weiteren Interpretation »seitens der Autoren« solch »erhabene« Richtungen der Suche anzuzweifeln, indem wir die Zuschauer jedes Mal auf die »unverständliche Ereignissphäre« zurückführten, damit diese Suche auf der physischen Ebene des raumzeitlichen Erlebens von Grube zu Grube, von Bild zu Bild weiterging und nicht in einem »endgültigen«, alles erklärenden und vollendenden Text zum Stillstand käme. Das heißt, »zwischen den Aktionen« war die ganze Zeit ein Text zu hören, wie der, den man beim Versteckspielen vernimmt: »Eins, zwei, drei, vier, fünf, ich mach mich auf die Strümpf, wer sich noch nicht hat versteckt, renne schleunigst vor mir weg.« Dieser Mechanismus hielt das Metasujet der Aktionen der Gruppe Kollektive Aktionen in Gang und funktionierte recht lange.
In der Aktion Bilder des Jahres 1979, die den Beginn der »Linie der Bilder« markierte (die »Protoaktion« in dieser Linie war die Aktion Zelt, aber wir lassen sie hier außer Betracht, weil sie sich an den anonymen Zuschauer wendet), erhielt jeder Zuschauer sein eigenes Bild. Diese Bilder waren von uns als »falsche Dinge« gedacht, sie sollten als Ablenkungsmanöver dienen, damit die Zuschauer nicht darauf achteten, was auf dem Feld passierte. Auf dem Feld entfernten sich drei Organisatoren von den Zuschauern und verschwanden im Schnee. Aufgrund der Bilder, aufgrund der Tatsache, dass die Zuschauer mit ihren Bildern beschäftigt waren und das »Sich-Entfernen« nicht als zentrales Ereignis der Aktion betrachteten, konnte das »Sich-Entfernen« auch nur im Text ins Zentrum rücken. Der Text (und nicht das reale Handlungsfeld) war zu dem »Raum« erklärt worden, wo all die Figuren der Aktionen – das »Auftauchen«, »Sich-Entfernen«, »Verschwinden« und so weiter – vor sich gingen. Aber gleichzeitig waren sie für die Zuschauer peripher wahrnehmbar. Durch diese Figuren vollzog sich die eigentliche raumzeitliche Entfaltung der Ereigniskette, während die Zuschauer es mit den symbolischen Schichten des Ereignisses zu tun hatten (den »Bildern« mit unterschiedlichen Aufschriften, darunter auch eine auf einem der »Bild«-Umschläge, die besagte, es fände ein »Sich-Entfernen« statt). Da sie sich irgendwo »seitlich«, von den Zuschauern unbemerkt entfaltete, »strebte« die Ereignishaftigkeit der Aktion gleichsam »gegen Null«, hatte eine Klangfarbe, die suggerierte, »es geschieht nichts«, außer dem Vergehen der Zeit und der Entfaltung des Raums, die sich in ganz einfachen, elementaren Veränderungen vollzogen: die Verkleinerung der Figuren auf dem Feld, in dem Maße, in dem sie sich vom Zuschauer entfernten, ihr Verschwinden hinter dem Horizont, das leere Feld. Es ist also wichtig zu unterstreichen, dass es bei diesen elementaren Handlungen keine zielgerichtete Ereigniskette gibt, es handelt sich gleichsam um eine Pause, einen Zwischenraum zwischen möglichen Ereignisketten, um solche fast unbemerkten raumzeitlichen Veränderungen, die von nichts anderem sprechen als von sich selbst.
Vor der Aktion Bilder waren die Zuschauer frei, das zu betrachten, was ihnen die Veranstalter zeigten. So war es in der Komödie und in der Dritten Variante. In den Bildern wurden sie zum ersten Mal im Sinne des Metasujets »Feld der Komödie« zu Akteuren, wurden in eine physische Handlung hineingezogen: Sie ordneten die Bilder auf dem Schneefeld an, klebten sie zusammen, lasen die Aufschriften und so weiter. Und in dieser Aktion war für sie zugleich von den Veranstaltern ein »Weg« eingeschlagen in den Raum und die Zeit »zwischen den Handlungen«, »wo nichts geschieht«. Der Weg für die nächste Aktion Ort der Handlung war vorbereitet: der Übergang des Feldes in die Ferne. In Ort der Handlung taten die Zuschauer das, was die Organisatoren in Bilder getan hatten: Sie überquerten das Feld. Und damit nicht genug: Sie verschwanden einer nach dem anderen in der Grube dieser Aktion, genauso wie es die Veranstalter in den Aktionen Komödie und Dritte Variante getan hatten.
Nachdem sie in der Dokumentation der Aktion Ort der Handlung die anfängliche Gestalt »sich entfernt habender«, »verschwundener« und »reproduzierter« Zuschauer durchlaufen hatten, »tauchten« sie in Zehnmaliges Auftauchen wieder »auf«, und zwar auf einem neuen Niveau der »Reproduziertheit«. Es wurden ihnen nämlich direkt während der Aktion Fotos ausgehändigt, die sie scheinbar selbst als kleine, aus dem Wald auftauchende Figuren zeigten. Und da schon in Ort der Handlung der demonstrierende »Faden der Nichtunterscheidbarkeit« gesponnen war, indem sich das Austauschen der Figuren mit Hilfe des Mechanismus der Grube hinter einem violetten Vorhang vollzog, war die Authentizität der Figuren auf den Fotos der Aktion Zehnmaliges Auftauchen vom Standpunkt des ästhetischen Diskurses völlig zweitrangig: Das Reale und das Zeichenhafte waren voneinander getrennt, und es war klar, dass sich »Transzendieren« und »Reproduzieren« ausschließlich auf den zeichenhaften Teil unserer Zuschauer bezogen. Das existentielle Sujet hielt sich immer im Rahmen der ein oder anderen konkreten Aktion, während das Metasujet, um das es hier geht, sich nur mit diesem »abwesenden« Teil der Zuschauer entwickelte.
Nachdem die Zuschauer in den Aktionen Halt, Ausgang und Gruppe 3 die »Eidoi« der allmählichen Transzendenz in die »Bildlichkeit« dreier Gruppen durchlaufen hatten, bildeten sie schließlich als demonstrativer Teil des Modells eine »vierte Gruppe« vor dem Bild der Aktion Kunstwerk – Gemälde. Ohne auf Einzelheiten einzugehen, will ich nur bemerken, dass diese Aktion und die ganze ästhetische Vorgeschichte des Metasujets so konstruiert waren, dass diese vierte, vor dem Bild stehende Zuschauergruppe sich auf demselben ästhetischen Niveau wie das Bild selbst befand, in derselben Demonstrationszone. Das heißt, sie, diese Gruppe, war genauso ein Bestandteil ein und desselben ästhetischen Aktes wie das Bild, sie bildete mit ihm ein Ganzes im weiteren Expositionsraum der Aktion, während in der gewöhnlichen Situation, wo der Zuschauer vor einem Bild steht, nichts dergleichen geschieht. Dort befindet sich der Zuschauer in seinem eigenen ästhetischen Raum wie das Bild in dem seinen. Was beide verbindet (auf dem Ausstellungsniveau), ist allenfalls der Raum (die Konvention) des Museums, der Galerie und so weiter. In unserem Fall kann man zugespitzt sagen, dass die Zuschauer selbst Träger dieses Ausstellungsraums waren: Das »Museum« als ästhetischer Raum war »innerhalb« dieser »vierten Gruppe« von Zuschauern und nicht außerhalb, wie es normalerweise der Fall ist. Wir sollten nicht vergessen, dass all diese Betrachtungen nur den »abwesenden« Teil unserer Zuschauer betrafen, hinter dem eine langjährige Sublimation durch die ästhetischen Himmel der »Reproduktion« des »Feldes der Komödie« lag.
Diese Aktion (Erstes Bild) stellte vom Standpunkt der Zuschauer aus einen Umbruch im Metasujet der Kollektiven Aktionen dar. Für Kabakov beispielsweise, einen ständigen aktiven Zuschauer und Teilnehmer des »Feldes der Komödie«, war damit ein Endpunkt erreicht: Der »innere« Raum des »Museums« war auf natürliche Weise in den »äußeren« übergegangen (vergleiche seine Emigration in den Westen und seine Umarbeitung der westlichen Museumsräume zu »totalen Installationen«). Ohne hier auf die Details der Bedeutung und Rolle eines jeden unserer Zuschauer einzugehen (was durchaus angebracht wäre, denn vom Standpunkt des Metasujets der Kollektiven Aktionen her gesehen, sind die Zuschauer zugleich unsere unfreiwilligen Koautoren), will ich hier nur anmerken, dass nach dem Ersten Bild zwei Personen in diesem ganzen Prozess auch weiter als diskursive Stütze fungierten: Leiderman (etwa bis zur Aktion Negative des Jahres 1996) und Ryklin (bis zur Aktion Schwedagon des Jahres 1999). Letzterer spielte bei der Aktion Erstes Bild eine besondere und entscheidende Rolle.
Die endgültige Enthermetisierung der »Linie der Komödie« geschah im Jahre 1989 in der Aktion Spaziergänger in der Ferne – zusätzliches Element der Aktion. In dieser hörte die Grube auf, als einer der Mechanismen der Sublimierung der Demonstrationsbezüge zu fungieren. Das Bild als der andere Mechanismus war ein Jahr zuvor in der Aktion Zweites Bild »zerstört« worden.
Was danach geschah (von 1990 bis jetzt), ist heute schwer zu sagen. Ob wir selbst und unsere (meist neuen) Zuschauer an irgendwelchen Überresten und Fetzen dieses »Feldes der Komödie« und seiner Linien (der Komödie, Lieblich, der Bilder und so weiter) arbeiteten oder die Demonstrationsbezüge, die wir in den folgenden Aktionen herstellten, komplizierter waren, ist nicht ganz klar. Jedenfalls entdeckten sich in der Aktion Auf der Lichtung des Jahres 2002 die Zuschauer als Bildgegenstand, wie sie die Arbeit von Holzfällern betrachteten, die das Unterholz auslichteten. Aber worin bestand die demonstrative (oder ausstellungsmäßige) Funktion der kleinen Fischer-Figur in der Aktion Fischer des Jahres 2000? Sie war, von den Zuschauern weit entfernt, in einem Schneefeld platziert worden, und zwischen den Zuschauern und dem Fischer fuhren Schlitten, auf denen man sich über den Fischer und den Holzfäller unterhielt.

PS: Die Aktion Auf der Lichtung, die mich zum Schreiben dieses Textes und zu diesem Schema veranlasste, kann als eine Sackgasse erscheinen – zum einen aufgrund der gefühlsmäßig unangenehmen »Eliminierung« der Zuschauer, zum anderen weil diese Aktion lediglich eine literarisch-illustrative Komponente des hermetischen Fischer-Holzfäller-Paares der chinesischen Tradition ist. Aber meiner Ansicht nach ist dieser Aktion etwas Eigentümliches zu eigen, das sie für einen weiteren Diskurs »öffnet«. Die Zuschauerfiguren auf dem Bild sind nämlich Schaufensterpuppen. Ihr professionelles und reproduktives Wesen besteht darin, dass nicht sie es sind, die schauen, sondern dass sie angeschaut werden. Sie demonstrieren das, was die Zuschauer sehen sollen, und nicht umgekehrt, wie es in unserer Aktion dargestellt ist. Wir haben sie einfach im Aktionsraum in die Zuschauerposition versetzt, und so positioniert haben sie auf dem Bild auch einen dermaßen »schauenden« Gesichtsausdruck, dass sie auf den ersten Blick wirklich die Rolle von Zuschauerfiguren für den »brennenden Schirm« spielen. Doch ist ihr Wesen ein ganz anderes, und es gehört zu einem anderen Demonstrationsmodell. Außerdem stehen sie auf dem Feld bei Kiewogorsk praktisch an derselben Stelle wie die Zuschauer der Aktion Komödie des Jahres 1977. Das heißt, all diese eigentümlichen Umstände können durchaus Grundlage für eine weitere Diskussion der Transformation demonstrativer und expositioneller Zeichenfelder sein. Ich fand es sehr interessant, dass ich auf manchen Bildern der Videoaufzeichnung dieser Aktion die drei Organisatoren entdeckte, die in genau derselben Haltung und in derselben Anordnung dastehen wie die Schaufensterpuppen, die ein wenig hinter und seitlich von ihnen platziert sind, und auf den brennenden Schirm schauen. Die Ähnlichkeit geht so weit, dass zwischen den zwei Figuren links und der einen rechts genauso ein Spalt ist, eine »Lichtung«,wie bei den drei Figuren des Bildes.

Dezember 2002

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