Die geladenen Zuschauer (30 Personen) gruppierten sich am Rande eines Feldes auf einem trapezförmigen Platz, dessen Umrisse mit Heu ausgelegt waren.
Auf das Kommando eines der Veranstalter hin verließen die Zuschauer im Abstand von etwa fünf Minuten nacheinander den Platz und gingen dabei an einem auf der Erde liegenden Tonbandgerät (1) vorbei. Daraus erklang das Phonogramm einer in Betrieb befindlichen Metro-Rolltreppe: ein lautes vibrierendes Klirren.
Nachdem die Zuschauer das Tonbandgerät (1) hinter sich gelassen hatten, gingen sie auf einem Weg, der quer über das ganze Feld führte, etwa 500 Meter weiter bis zu einem kleinen Tisch. Darauf lagen ein Fernrohr, ein Flötenmundstück und ein Pappdeckel mit einer Instruktion, der einen Stapel von Briefumschlägen bedeckte. Unter dem mit violettem Stoff drapiertem Tisch befand sich ein Tonbandgerät (2), von dem ein dokumentarisches Phonogramm mit Metro-Ansagen wie „Haltestelle Kirovskaja“, „Vorsicht beim Türenschließen, nächste Haltestelle Ploščad’ Nogina“ o. ä. zu hören war.
Die Instruktion auf der Pappe lautete:
1. Nehmen Sie das Fernglas und betrachten Sie aufmerksam die an der Ausgangsposition zurückgebliebenen Teilnehmer der Aktion. (Anmerkung: Durch das Fernglas konnten die Teilnehmer an den Rändern der Zuschauergruppe, etwas weiter vorne stehend, Panitkov und Monastyrskij sehen. Panitkov hatte kleine goldene Flügel, Monastyrskij eine kleine silberne Kugel um den Hals hängen, was vom Platz aus nicht zu sehen war.)
2. Legen Sie das Fernglas zurück und nehmen Sie die Pappe, auf die diese Instruktion geklebt ist, hoch. Nehmen Sie sich von den Umschlägen den obersten zur Erinnerung mit. Legen Sie das Textblatt, das auf dem Umschlag liegt, in ihn hinein. Danach decken Sie die übrigen Umschläge wieder mit der Pappe zu. (Anmerkung: Jedem dieser mit dem Buchstaben „M“ markierten und mit „Kollektive Aktionen“unterzeichneten Umschläge war ein Blatt beigelegt, in dessen Mitte folgende Aufschrift stand: INDIVIDUELLER BLICK AUS DER FERNE AUF DIE GOLDENEN FLÜGEL PANITKOVS UND DIE SILBERNE KUGEL MONASTYRSKIJS. Links und rechts von der Aufschrift waren emblematische Zeichnungen von Flügeln und einer Kugel angebracht; darüber waren mit rotem Filzstift kleine M’sgeschrieben.)
3. Nehmen Sie das Mundstück und pfeifen Sie so laut wie möglich in Richtung des nahen Waldes. Wenn Sie ein Antwortsignal hören, legen Sie das Mundstück wieder an seinen Platz und gehen auf das Antwortsignal zu.
150 Meter weiter entlang des Wegs befand sich Sergej Letov mit einer Kollektion von Blasinstrumenten (Saxophone, Waldhorn, Kornett, Oboe usw.) im Wald. Sobald er das Pfeifen vom Tisch hörte, begann er auf einem der Instrumente zu spielen, und zwar solange, bis der Zuschauer ihn erreichte. Von Letov erhielt der Zuschauer die mündliche Anweisung, weiter in den Wald hineinzugehen – auf die nächste Klangquelle zu. 80 Meter weiter im Waldinnern befand sich noch ein Tonbandgerät (3). Von dort erklang ein dokumentarisches Phonogramm mit lauten Geräuschen, wie sie in Momenten hoher Fahrgeschwindigkeit in Metrowaggons entstehen.
In etwa 20 Metern Entfernung von Tonbandgerät (3) eröffnete sich den Zuschauern der Blick auf eine kleine Lichtung, in deren Mitte zwischen Bäumen folgende Konstruktion aufgehängt war: ein zwei Meter breites goldenes Flügelpaar und darunter eine silberne Kugel aus Alufolie mit einem Durchmesser von 1,5 Metern. Unter der Kugel lag in trockenem Gras versteckt das Tonbandgerät.
Als die Zuschauer die Konstruktion und das Tonbandgerät (3) erreichten, wurde ihnen eine Zeichnung mit einer Kugel und Flügeln ausgehändigt. In der Mitte war mit rotem Filzstift der Buchstabe „M“ geschrieben. Auf den Rändern des Blattes stand die Aufschrift:
ALLGEMEINER BLICK AUS DER NÄHE AUF DIE GOLDENEN FLÜGEL UND DIE SILBERNE KUGEL DER KOLLEKTIVEN AKTIONEN. Danach erhielten die Zuschauer eine Mappe aus gelbem Samtpapier, auf deren Umschlag das Emblem „Goldene Flügel“ angebracht war; in der Mappe befand sich ein Schema von der Klangtopographie der Aktion und ihre Faktographie.
Während die Zuschauer an der Konstruktion vorbei weiter in den Wald hineingingen, konnten sie durch den gewaltigen Lärm des dritten Tonbands hindurch nur mit Mühe Geigenklänge vernehmen, die aus der Tiefe des Waldes kamen. Als sie diese Klangquelle nach etwa 80 Metern erreichten, entdeckten sie ein weiteres Tonbandgerät (4), von dem die Aufzeichnung der „Musik am Rande“ erklang, einer 45-minütigen Improvisation für Geige und Klavier, die speziell für diese Aktion entstand.
Die Aktion dauerte zwei Stunden.
Gebiet Moskau, Savelovsker Bahnlinie, ein Feld bei dem Dorf Kievy Gorki
18. 9. 1983
A. Monastyrskij, N. Panitkov, I Makarevič, S. Letov, E. Elagina, M. K., N. Alekseev,
I. Javorskij, V. Gončarova, S. Romaško, G. Kizeval’ter
übersetzt von Günter Hirt & Sascha Wonders